Cossiboat Kultursalon, 27. Juni 2025
Weblog-Eintrag
Heute entscheidet sich, ob mein Format trägt –
nicht im künstlerischen, sondern im realen Raum:
Publikum oder kein Publikum.
Sichtbarkeit oder Schatten.
Resonanz oder Rückzug.
Ich habe alles vorbereitet:
mein Konzept geschärft, Texte geschrieben, Musik geübt, Gäste eingebunden, die Bühne klar gemacht.
Mehr kann ich nicht tun.
Jetzt liegt es am System „Welt da draußen“, ob es mich heute Abend hört.
Wenn Menschen kommen, beginnt eine neue Erzählung.
Wenn nicht – dann beginnt eine andere.
Beides zählt.
Beides kann Teil meiner Arbeit werden.
Aber nur eines davon macht heute Geräusche.
Ich wünsche mir, dass es leise wird –
durch Menschen, die zuhören.
Und dann laut – durch uns.
Was wird entschieden – und von wem?
Entschieden wird, ob etwas – was ich geschaffen habe –
in einen öffentlichen Resonanzraum tritt.
Ob das Format Cossiboat Kultursalon, meine Einladung, mein Text, mein Klang, mein Ernst, mein Witz, mein Gast, mein Mut –
ob das eintreten darf in eine Beziehung zu anderen.
Und wer entscheidet?
Nicht ich allein. Nicht das Publikum allein. Nicht der Veranstalter.
Entscheidend ist die Konstellation.
Ein Zusammenspiel aus:
- – Sichtbarkeit: Wer hat die Einladung überhaupt wahrgenommen?
- Zugänglichkeit: War es zeitlich, räumlich, atmosphärisch erreichbar?
- Resonanzbereitschaft: Sind Menschen gerade in der Lage, sich auf etwas einzulassen, das nicht Routine ist?
- Systemische Strömungen: Was verdrängt Kultur im Alltag gerade? Welche Kämpfe, Sorgen, Ablenkungen?
- Vertrauen: Wirkt das, was ich zeige, offen genug, um als Einladung gelesen zu werden – und geschlossen genug, um Sinn zu versprechen?
Ich entscheide, ob ich es mache.
Die Welt entscheidet, ob sie antwortet.
Das Ergebnis entscheidet, was daraus wird.
Entscheidung heute heißt:
Wird mein Raum ein öffentlicher Ort –
oder bleibt er noch ein privates Angebot?
Auch Nicht-Entscheidung ist ein Zeichen.
Auch Leere hat Form.
Tag der Gabelung
Denn heute ist kein Tag der Entscheidung –
sondern ein Tag der Gabelung.
Ein Moment, in dem mein Weg nicht aufhört,
sondern sich verzweigt.
Nicht falsch, nicht richtig.
Zwei Richtungen – beide echt, beide mein.
Vielleicht führt eine weiter in die Öffentlichkeit,
die andere tiefer ins eigene Werk.
Vielleicht öffnen sich Türen –
oder ich lerne, dass sie verschlossen bleiben dürfen,
weil ich längst einen Schlüssel in der Tasche habe
für ein anderes Haus.
Heute ist kein Urteil.
Heute ist eine Kreuzung.
Und ich gehe den Weg –
ob allein oder in Gesellschaft.
Aufrecht.
Dieser Text entstand am Tag der zweiten geplanten Ausgabe des Cossiboat Kultursalons. Er dokumentiert das künstlerische Denken im Moment der Unsicherheit – zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit, zwischen öffentlichem Format und privatem Risiko.
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